Zeitmessung in der Bibel


Der Tag

Weil in Israel die Monate nach dem Mondlauf ausgerichtet waren, wurde der Sonnenuntergang, ca. 18 Uhr, als Beginn des neuen Tages angesehen [4]. Diese Eigenschaft teilen sich die meisten Mondkalender, denn die schmale Mondsichel nach dem Neumond ist in der Abenddämmerung sichtbar. Damit beginnt ein neuer Monat und folglich auch ein neuer Tag.

Die Nacht teilte man ursprünglich in drei Nachtwachen ein (Ri 7,19): Abend, Mitternacht, Hahnenschrei [5]. Eine Stunde, als kürzester Abschnitt des Tages wurde als ein Zwölftel der Dauer des Tageslichts von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aufgefasst.

Die Woche

Die wichtigste Periode in unserer Zeitrechnung ist die Woche. Alle Kalender, alle Stundenpläne und Termine richten sich nach ihren Tagen. Die Einrichtung der siebentägigen Woche ist uralt und geht im Prinzip auf die Schöpfung zurück. So lautet die Begründung für das Sabbatgebot:

Zwar wissen wir nicht, wann die Menschen wirklich anfingen, die Tage in Wochen zusammen zu fassen. In der Bibel kommt der Begriff "Woche"[1] das erste Mal bei Jakobs Hochzeitsfeier vor 1Mo 29,27. Doch es könnte schon viel früher gewesen sein, dass man sich an diesen Rhythmus hielt.[2] Namen hatten die Tage der jüdischen Woche allerdings nicht. Man benannte sie entweder nach den ersten sechs Buchstaben des hebräischen Alphabets oder nach den Zahlen von 1 - 6. Lediglich der Sonnabend trug einen Namen: "Sabbat".

Der Monat

Die Monate in Israel richteten sich nach dem Lauf des Mondes. Das wird bereits im Alten Testament im 104. Psalm, Vers 19, ausgedrückt: „Du hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen;[3] die Sonne weiß ihren Niedergang.“

Monatsanfang war jeweils, wenn die dünne Sichel des zunehmenden Mondes erstmals wieder bei Sonnenuntergang sichtbar wurde. Die Festsetzung des ersten Tages eines neuen Monats, des "Rosch Chodesch", beruhte auf dem Bericht von mindestens zwei Augenzeugen, die das Erscheinen des "Neulichtes" gesehen hatten. Diese mußten nach Jerusalem kommen, wo ihre Aussagen an einem Platz namens "Bet Jasek" von einem speziell dazu eingesetzten "Bet Din" durch genaue Befragung geprüft wurde. Dieser Bet Din proklamierte dann im Fall zweier akzeptierter Zeugenaussagen den neuen Monat.

Die Nachricht wurde durch ein Fackelsystem übertragen und durch Relaisstationen - Leuchtfeuern auf bestimmten hohen Bergen - bis in die entferntesten Gemeinden der Diaspora übermittelt. Als die Samaritaner ihre Ablehnung des rabbinischen Judentums dadurch zum Ausdruck brachten, daß sie bewußt falsche Fackelsignale sendeten (am 30. Tag), wurde das System auf Boten umgestellt. Als diese regelmäßig aufgehalten und überfallen wurden, mußte das System der Zeugen eingestellt werden. Es wurde durch ein berechnetes System ersetzt.

Den im Voraus berechneten Kalender entwickelte Hillel II. im 4.Jh. n.Chr. Dieses geregelte System wird heute noch im Judentum universell verwendet. Da ein durchschnittlicher Mondzyklus 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 3,5 Sekunden dauert, konnte ein Monat entweder 29 oder 30 Tage lang sein. Das heißt, Rosch Chodesch wurde für den 30. Tag oder für den 31. Tag proklamiert.

Das Jahr

Zwischen dem Mondjahr, das heißt einem Ablauf von 12 Monaten und dem Sonnenjahr, das einer Umrundung der Sonne durch die Erde entspricht, besteht ein Unterschied von etwa 11 Tagen. Ein Mondjahr hat nämlich ca. 354,33 Tage, eine Sonnenumkreisung dauert ca. 365,25 Tage. Weil das Jahr einerseits aber mit dem Sonnenlauf übereinstimmen sollte, damit der Frühlingspunkt nicht durch alle Jahreszeiten läuft, und andererseits gleichzeitig mit dem Lauf des Mondes, versuchte man beide zu kombinieren. Das gelang nur durch das zusätzliche Einfügen von Schaltmonaten. Dafür hätten allerdings zwei Jahre gereicht, ein Gemeinjahr mit 12 und ein Schaltjahr mit 13 Monaten.

Bei den Juden kamen jedoch noch die sogenannten „Ausnahmefälle“ hinzu: So durfte z. B. der Neujahrstag, der in den Herbst gelegt wurde, nicht auf einen Sonntag, Mittwoch oder Freitag fallen. Falls dies doch der Fall sein sollte, mußte der Neujahrsbeginn um einen Tag verschoben werden, wodurch natürlich das vorausgegangene Jahr um einen Tag länger wurde, als es hätte sein sollen. Im ganzen existieren fünf solcher Ausnahmeregeln. Wenn man sie alle berücksichtigt, ergibt sich die Zahl von sechs verschieden langen Jahren! Es gab das abgekürzte Gemeinjahr mit 353 Tagen Länge, das ordentliche Gemeinjahr mit 354 und das überzählige Gemeinjahr mit 355 Tagen. Außerdem noch ein abgekürztes Schaltjahr mit 383, ein ordentliches mit 384 Tagen und schließlich ein überzähliges Schaltjahr mit 385 Tagen Länge.

Im Laufe von 19 Jahren summiert sich die Differenz von Sonnen- und Mondjahr zu etwa sieben Monaten. Daher gibt es sieben Schaltjahre in 19 Jahren, und zwar im 3., 6., 8., 11.,14., 17. und im 19. Jahr, die wiederum von unterschiedlicher Länge sind.[6]

Diese regelmäßig eingesetzten Schaltjahre gab es freilich erst nach dem 4. Jahrhundert nach Christus. Vorher werden wir mit größeren Unregelmäßigkeiten zu rechnen haben.


Fußnoten

[1] Der hebräische Begriff für Woche ist eine eine Ableitung aus der Zahl sieben, also Periode von sieben Tagen.
[2] Übrigens wird die Woche bis heute unabhängig von Jahr und Monat durchgezählt. Bisher haben es alle Kalenderreformen ängstlich vermieden, die Wochentagszählung zu unterbrechen (außer der Reform der französischen Revolution, die aber promt scheiterte).
[3] So nach der Lutherübersetzung. Wörtlich: "Er hat den Mond gemacht zur Zeitbestimmung."
[4] So auch im Islam. Im Gegensatz dazu ließ man im alten Ägypten, in Rom und Giechenland den Tag mit dem Sonnenaufgang beginnen. Der heute übliche Tagesbeginn um Mitternacht war bei den Chinesen schon im Altertum bekannt. In Rom bürgerte er sich in der Rechtspflege ein. Allgemein verbindlich wurde er im Abendland erst nach Erfindung der Räderuhren, die eine vom Sonnenlauf unabhängige gleichmäßige Zeiteinteilung ermöglichten.
[5] Erst die Römer favorisierten eine Einteilung in vier Nachtwachen.
[6] Weitere Informationen siehe bei Husfeld und Jüdisches Museum (Internet).